Afghanistan



medico mondiale gegründet von Monika Hauser, setzt sich weltweit für traumatisierte Frauen ein. Nun hat sie ein pessimistisches Statement über die gegenwärtige Situation abgegeben. Hier die Kurzfassung zum nachlesen.

Dr. Simar Samar erhielt im September (2012) den alternativen Nobelpreis
Die afghanische Ärztin, die der schiitischen Minderheit der Hazara, entstammt, ist seit 2002 Leiterin der unabhängigen Menschrechtskommission in Afghanistan Sie erhielt im September den alternativen Nobelpreis. Dies ist nicht ihre erste Auszeichnung für ihr unermüdliches Engagement für Minderheiten, für Frauenrechte und Bildung. Sie graduierte 1982 in Medizin an der Universität Kabul. Während der russischen Besatzung wurde ihr Ehemann verhaftet und gilt seitdem als verschollen. Sie floh nach Pakistan und gründete 1987 in der Grenzstadt Quetta ein Hospital für afghanische Frauen und Kinder. Die von ihr 1987 gegründete Shuhada-Organisation betreibt in Afghanistan inzwischen über 100 Schulen und 15 Krankenhäuser. Ein Teil es Geldes wird für die Unterstützung von Waisenkindern verwendet. In der Provinz Bamyan wurde 2010 eine Ausbildungsstätte eingerichtet. Samar ist eine vehemente Kritikerin der Taliban, die ihrer Meinung nach die "Frauen um 100 Jahre zurückgeworfen" haben. Sie ist eine entschiedene Gegnerin des Ganzkörperschleiers, der in Afghanistan getragenen Burka. Sie betrachtet ihn als ein Gefängnis für die Frauen und lehnt ihn auch aus medizinischen Gründen ab, weil viele Frauen aus Mangel an Sonnenlicht Vitamin D-Mangel haben und an Knochenerweichung leiden.

Wegen ihres Einsatzes für Menschen- und insbesondere Frauenrechte ist sie ständigen Todesdrohungen ausgesetzt. "Ich war schon immer in Gefahr und es macht mir nichts aus", erklärte sie stets entschlossen. Hier kann man sich über die Organisation informieren und auch für die Arbeit Spenden.



Frauenrechte in Afghanistan - Verhandlungsmasse?
Dies ist eine gekürzte Fassung eines längeren Berichtes zur Situation der Frauen, sie können ihn hier herunterladen.

Jüngste Pressemeldungen über die verschärft Sicherheitslage, die Unterstützung der Taliban durch pakistanische Militärs, Berichte über Killerkommandos innerhalb der US-Armee und wachsende Angriffe auf Lehrer und Schulen werfen Fragen auf, was der bisherige Einsatz gebracht hat und was zu befürchten ist, wenn die Truppen abziehen. In einem Bericht von 2009 der Heinrich Böll Stiftung1 ging man davon aus, dass 50% des Landes unter Taliban-Einfluss stehen. Über deren konkrete Zusammensetzung gibt es unterschiedliche Berichte, so soll der Anteil arabischer Talibans zurückgegangen sein, jedoch zunehmend chinesische Kämpfer dort engagiert sein sowie auch pakistanische Kämpfer, der afghanische Anteil rekrutiert sich vor allem aus den Bevölkerungsteilen, die aufgrund der Kriegsführung und der fehlenden sozialen Perspektive zu den Taliban gegangen sind. Angesichts der schwierigen Lage lässt auch das Engagement der Politiker für Frauenrechte nach. So sagte Hillary Clinton: "There is a clear, clear opinion that women's rights were a) not that relevant and b) irreconcilable with peace in Afghanistan."(Es gibt eine sehr deutliche Meinung, dass die Rechte der Frauen a) nicht relevant sind und b) mit dem Frieden in Afghanistan unvereinbar sind."2

Kosten und Wirkungen des Einsatzes
Die Kosten des Einsatzes sind gewaltig. Die USA gaben bislang 444 Milliarden US-Dollar aus, nach Berechnungen des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) gab die Bundesregierung in den vergangenen zehn Jahren 17 Milliarden Euro aus, bis zum geplanten Abzug Ende 2014 muss Deutschland können es nach Schätzung der Forscher weiter fünf Milliarden hinzukommen. Man stelle sich einmal nur vor, dass diese Summe in den wirtschaftlichen und sozialen Aufbau geflossen wäre! Hätte Afghanistan heute diese Probleme?

Es fragt sich, was angesichts dieser immense Aufwand sich den Menschen gebracht hat - insbesondere den Frauen, deren Rechte zunächst große Aufmerksamkeit galt und die teilweise auch für die Legitimation des militärischen Engagements herhalten mussten.

Führt man sich die Unsummen des militärischen Einsatzes vor Augen, bleibt unverständlich, warum heute noch 25 % der Neugeborenen sterben. Hauptkrankheiten, die bei Kindern zum Tode führen sind Durchfall, Lungenkrankheit, Masern und Unterernährung. Obwohl es ein Ausbildungsprogramm für Hebammen gibt, indem mehr als 3.000 Frauen ausgebildet wurden, werden dennoch weniger als 15 % der Frauen bei der Geburt von ausgebildeten Kräften betreut. Bei einer Zahl von 100.000 Geburten sterben 1.400 Frauen. Im Gesundheitsbereich sind gerade einmal 4% der Beschäftigten Frauen.

Nach wie vor stellen die Einschüchterungen, Übergriffe und Angriffe gegen Frauen, die sich in der Öffentlichkeit zeigen oder ein Amt übernehmen oder einen Beruf ausüben ein ernstes Problem dar. Allerdings werden die Beschränkungen für Mädchen und Frauen nach wie vor auch von Familienvätern und Brüdern ausgesprochen, jedoch hat der wachsende Einfluss der Taliban die Situation verschärft, weil dieser sich auf aktive Frauen in der Öffentlichkeit konzentriert: Lehrrinnen, Parlamentarierinnen, Journalistinnen.

Malalai Kakar Zakia Zakidie Hamida Barmaki

2007 wurde die Journalistin Zakia Zakidie auch Besitzerin und Leiterin des afghanischen Friedens-Radios im eigenen Haus mit sieben Schüssen während des Schlafs getötet.
2008 wurde Malalai Kakar, Leiterin der Abteilung Gewalt gegen Frauen bei der Polizei in Kandahar ermordet. Sie war die höchstrangige Polizistin, da sie bereits seit 1982 im Polizeidienst war (musste aber während der Taliban-Herrschaft den Dienst quittieren). Sie hatte sich das Ziel gesetzt, den Frauenanteil zu erhöhen. Auch Sitara Achakzai, Mitglied der Bezirksregierung in Kandahar' wurde im selben Jahr getötet. Im Januar 2011 fiel die Rechtsprofessorin Hamida Barmaki von der Kabuler Universität und für die Afghanische unabhängige Menschenrechtskommission , tätig, gemeinsam mit ihrem Mann und ihren vier Kindern einem Attentat der Taliban zum Opfer.8 Sie hatte sich gegen den Einsatz von Kindern in Sicherheitsdiensten und deren Missbrauch eingesetzt und ein entsprechendes Abkommen stand kurz vor der Verabschiedung. Von Human Rights Watch3 befragten Parlamentarierinnen gaben alle an, schon belästigt worden zu sein. Die Einschüchterung von Parlamentarierinnen, deren Quote mit 25 % gesetzlich festgelegt ist, lässt Befürchtungen wachsen, dass sie ihres Rechtes bei einer wachsenden Beteiligung der Taliban wieder ganz verdrängt werden. UNIFEM berichtet, dass Frauen häufig angegriffen werden, wenn sie sich außer Haus aufhalten oder aber Kontakte zu Ausländern haben, einige der Angriffe werden von den Taliban oder konservativen religiösen Kräften, auch von Familiemitglieder aber auch von Mitgliedern der Besatzungsmächte ausgeführt. Geschieht, wenn die ausländischen Truppen sich allmählich zurückziehen? Werden diese Erfolge rückgängig gemacht und Frauen und Mädchen wieder aus allen Bildungseinrichtungen verdrängt?

Versöhnungsprozess und die Folgen für Frauen

Die Weltgemeinschaft hat sich darauf Verständigt, dass die afghanische Regierung einen Versöhnungsprozess mit den Taliban einleitet und allmählich werden die Truppen aus Afghanistan zurückgezogen. Auf der Geber-Konfernz in London 2010 und auf der Friedens-Loya-Jirga von Karzai im Juni 2010 wurde dieser Prozess eingeleitet. 150 Mio $ wurden in einen den Friedens- und Versöhnungsfond eingezahlt, der in den Gemeinden Arbeitsmöglichkeiten für integrationswillig Talibans schaffen soll. All dies kann jedoch die Befürchtungen , dass nach dem Abzug der Truppen nicht wieder Verhältnisse einkehren, die Frauen aus der Öffentlichkeit verbannen und sie erneut auf das Schlimmste unterdrücken, nicht beseitigen. Auch nicht bei den afghanischen Frauen. In einer Studie11 aus dem Jahr 2010 äußerten Sie ihre Befürchtungen. "Warum sollte ich aus der Sicht von Frauen für die Versöhnung sein? Weil in vielen Teilen des Landes - im Süden und Südosten - Frauen Möglichkeiten aufgrund der Instabilität einbüßen. Schulen sind geschlossen, die Gesundheitsdienste dürftig, alle Arbeitsmöglichkeiten sind geschlossen. Auch auf die Beteiigung an politischen Prozessen hat es schwerwiegende Folgen. Wie lange noch sollen Frauen warten?... Es muss aber eine Versöhnung innerhalb bestimmter Rahmenbedingungen sein, wir müssen die Richtlinien vorgeben. -Shinkai Karokhail, MP for Kabul Province

"Was werden wir mit der Versöhnung opfern müssen? Sind das Frauenprobleme, ist es die Demokratie, sind es Menschenrechte, ist es eine freie Presse? Für mich ist das kein Frieden, es ist ein riesiges Gefängnis." -Fatima Gailani, Präsidentin des Afghanischen Roten Kreuz
Es bleibt zu hoffen, dass nicht wieder die Frauen in Afghanistan vergessen werden, wie schon einmal in der Geschichte, als man die Taliban im Kampf gegen die sowjetischen Truppen mit Waffen unterstützt und sie im Lande gewähren ließ. Februar 2012

1.Heinrich Böll Stiftung, Eine Einschätzung zur aktuellen Lage in Afghanistan und die Perspektive des internationalen Engagements, Christoph Reuter, Januar 2009 2. Zit in: Homa Khaleeli,The Guardian, Friday 4 February 2011,http://www.guardian.co.uk/lifeandstyle/2011/feb/04/afghan-women-fears-for-future/print 3.9 Human Rights Watch interviews with women parliamentarians, journalists, and activists, May to October 2009; UN Assistance Mission in Afghanistan (UNAMA) and Office of the High Commissioner for Human Rights (OHCHR), "Silence is violence: End the abuse of women in Afghanistan," July 8, 2009, http://unama.unmissions.org/Portals/UNAMA/vawenglish. Bilquelle:Kakar http://userwww.service.emory.edu/~shaqqan/islam_and_gender/pashtun_women_leaders.html, hier auch mehr Infos
siehe auch:http://de.wikipedia.org/wiki/Malalai_Joya und http://de.wikipedia.org/wiki/Hamida_Barmaki


Hilfe für Frauen in Afghanistan
Die Solidarität mit afghanischen Frauen hat angesichts der schleppenden Entwicklung von Frauenrechten und Rückschläge durch die Widererstarkung der Taliban zu einer Abnahme des Interesses und der praktischen Solidarität geführt. Der von Nadia Karim gegründete afghanische Frauenverein versucht hier Abhilfe zu Schaffen. Im Rahmen einer Veranstaltung in Bremen berichtete sie über die Schwerpunkte und Probleme der Arbeit. Mehr darüber können Sie hier lesen: